Nach der Zentralisierung der Rechnungsbearbeitung in Shared Service Centern steht ein globaler Baumaschinenhersteller vor der Aufgabe, eine Automatisierungslösung an mehreren internationalen Standorten und in einem Multi-ERP-Umfeld zu implementieren. Trotz der großen Herausforderungen, die mit diesen Rahmenbedingungen verbunden waren, hat sich die Umstellung für das Unternehmen gelohnt. Wie die Komplexität gemeistert wurde, welche Erkenntnisse sich dabei einstellten und wo das Unternehmen heute steht, erfahren Sie hier im Blog.
Vor fünf Jahren begann der global agierende Hersteller von Baumaschinen, der zu den Marktführern seiner Branche zählt, Shared Service Center (SSC) aufzubauen. SSC sind unternehmenseigene Dienstleister, in denen unter anderem buchhalterische Aufgaben zentral zusammengefasst werden, die zuvor an den einzelnen Standorten erledigt wurden. Das erste SSC des Baumaschinenherstellers, der Kunden in vielen Industriezeigen bedient und zahlreiche internationale Standorte hat, wurde in den USA errichtet. Es folgten Australien, UK, China und Italien.
Entsprechend der Unternehmensstruktur mit seinen verschiedenen Standorten, Geschäftszweigen und Marken, gestaltet sich auch die ERP-Landschaft des Unternehmens sehr vielfältig. In einigen SSC wurde mit Oracle und SAP gearbeitet, in anderen mit Oracle und Sage, in manchen nur mit einem der genannten. Dazu gesellten sich häufig noch kleinere lokale Produkte.
Beim Aufbau des ersten Shared Service Centers in den USA wurde ein Lift & Shift-Ansatz verfolgt, das heißt, die Aufgaben der Buchhaltung wurden einfach in das SSC verschoben, ohne die Prozesse vorher zu vereinheitlichen. Dabei stellten die Projektverantwortlichen fest, wie viele unterschiedliche Geschäftsprozesse es für eine relativ überschaubare Aufgabe wie die Rechnungsbearbeitung geben kann. Zudem wurden auch nach der Zentralisierung keine IT-gestützten Workflows eingesetzt – teilweise arbeiteten die Mitarbeiter noch papierbasiert, überwiegend jedoch mit E-Mail. Der Prozess sah dann folgendermaßen aus: Eingangsrechnungen wurde eingescannt, per E-Mail weitergeleitet, zur Kontierung und Freigabe oft wieder ausgedruckt und dann erneut gescannt, um sie per E-Mail zurückzuschicken. Die E-Mail wurde schließlich abgespeichert und als Anlage zur Rechnung im ERP-System hochgeladen. Insgesamt war das ein sehr zeitintensiver Prozess.
Eine zerfaserte ERP-Landschaft, uneinheitliche Prozesse und die Umstellung auf eine zentralisierte Buchhaltung führten zu Problemen der Sichtbarkeit für die Standorte, zum Beispiel bezüglich des Rechnungsbacklogs. 90% der Eingangsrechnungen waren zu dem damaligen Zeitpunkt Papierrechnungen oder nicht-maschinenlesbare PDFs. Darüber hinaus waren die beiden OCR-Lösungen, die das Unternehmen in einzelnen Ländern bereits im Einsatz hatte, nicht skalierbar, da sie weder für die kleineren ERP-Systeme genutzt noch auf andere Länder ausgeweitet werden konnten. Und schlussendlich wurden die Mitarbeiter der verschiedenen Shared Service Center in maximal 1 – 2 ERP-Systemen geschult, so dass es keine Möglichkeit gab, die Ressourcen flexibel einzusetzen und sich je nach Arbeitsaufkommen untereinander auszuhelfen. Eine insgesamt sehr unbefriedigende Situation also, für die Abhilfe geschaffen werden musste.
Folglich beschloss der Baumaschinenhersteller die Einführung eines „System of Engagement“, einer Lösung zur Rechnungsbearbeitung, die über allen ERP-Systemen thront und mit diesen kommuniziert. Der entscheidende Vorteil bei einer solchen Lösung ist, dass sowohl die Mitarbeiter in den Shared Service Centern, als auch die Kollegen, die Rechnungen kontieren und freigeben, mit nur einem System umgehen müssen.
Die Verantwortlichen entschieden sich schließlich für die cloudbasierte Purchase-to-Pay-Plattform von Basware für die automatisierte Rechnungsbearbeitung mit integriertem Analyse-/Reporting-Modul und einige Zusatzservices, wie zentrale Postfächer für den Rechnungseingang (für den verbleibenden Anteil an Papierrechnungen) und die Lieferantenaktivierung. Gewählt wurde eine Standardlösung mit nur wenigen individuellen Anpassungen im Software-as-a-Service-Modell. Der große Vorteil dieser Variante ist, dass Software-Updates sehr schnell und problemlos umgesetzt und genutzt werden können.
Die Ziele, welche das Unternehmen mit der Einführung der Purchase-to-Pay-Plattform verbanden, waren:
Standardisierung der Prozesse über alle Unternehmenseinheiten hinweg
Nur ein System mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche
Weniger Papier, mehr elektronische Daten
Reduzierung der manuellen, nicht-wertschöpfenden Aufgaben
Veränderung der Rolle des Kreditorenbuchhalters vom „Dateneingeber“ zum Problemlöser
Erhöhung des Anteils von Rechnungen mit Bestellbezug
Transparenz verbessern (operativ und KPIs)
Kosten senken
Effizienzsteigerung
Im November 2015 ging das Projekt dann in die Umsetzung. Bereits im Juni 2016 konnten die Shared Service Center in den USA und in Australien die Lösung nutzen. Im April 2017 folgte die Anbindung des SSCs in Nordirland – zunächst nur für ein ERP-System, ab Oktober dann auch für das andere genutzte.
Die Vorteile dieser Lösung zur automatisierten Rechnungsbearbeitung machten sich sehr schnell bemerkbar und lassen sich anhand dreier Beispiele gut darlegen.
Die Dunkelbuchungsrate, also der Anteil der Rechnungen, die komplett ohne manuelles Zutun verbucht werden, lag direkt nach der Einführung schon bei 25%. Seitdem erfährt sie eine stete Steigerung und liegt derzeit bei gut 40% über alle SSC-Standorte hinweg. In den USA liegt die Dunkelbuchungsrate sogar bei 70%, was sich vor allem mit der längeren Nutzungsdauer der Lösung erklären lässt und mit der Vereinbarung mit Lieferanten, dass pro Bestellung jeweils eine separate Rechnung geschickt werden muss. Für Deutschland liegt die Dunkelbuchungsrate derzeit bei ca. 30%.
Vor der Einführung der P2P-Lösung von Basware erhielt das Unternehmen 20% Rechnungen ohne Bestellbezug. Mittlerweile konnte diese Kennzahl auf 7% reduziert werden. Klare Prozesse und unterstützende IT-Systeme sind hierfür maßgeblich. So wurde zum Beispiel die Erzeugung von Bestellanforderungen deutlich vereinfacht und dezentralisiert, so dass diese nun an den einzelnen Standorten von bestimmten Mitarbeitern ausgelöst werden kann.
Auch die Durchlaufzeiten konnten mit der Einführung der automatisierten Rechnungsbearbeitung deutlich reduziert werden. Rechnungen ohne Bestellbezug benötigten früher 20 Tage in der Bearbeitung, heute weniger als 5 Tage. Bei Rechnungen mit Bestellbezug verhält es sich ähnlich: Die Durchlaufzeiten wurden von rund 12 Tagen auf mittlerweile unter 2 Tage verkürzt. Der Prozess mit 4-Augen-Prinzip sieht heute folgendermaßen aus: Die Rechnung wird nicht von der Kreditorenbuchhaltung zugeordnet, sondern automatisch an den Standort weitergeleitet. Die erste Person hinterlegt die Kontierung, für die es auch Vorlagen gibt, die zweite Person gibt die Rechnung frei.
Weitere Errungenschaften im Überblick:
Verteilung der Arbeit nicht nur innerhalb eines SSCs, sondern auch untereinander möglich
Verbesserte Transparenz: spätestens 24h nach Empfang sind die Rechnungen im System sichtbar, bei elektronischen Rechnungen deutlich schneller
weitgehend automatisiertes Kennzahlenreporting
weitere Prozessoptimierung mithilfe des Analysemoduls
Anteil elektronischer Eingangsrechnungen auf über 60% gesteigert
Insbesondere aus der ersten Implementierung des elektronischen Purchase-to-Pay-Systems in den USA konnten die Projektverantwortlichen des Großkonzerns vieles lernen, was dann in den folgenden Wellen anders gestaltet wurde.
Als Anbieter mit großem Erfahrungsschatz betonte Basware im Vorfeld des Projekts immer die Wichtigkeit der Stammdatenpflege für eine erfolgreiche Implementierung. Das wurde zwar zur Kenntnis genommen, aber nur bedingt umgesetzt. Da das Matching der Rechnungen in diesem Beispiel – zumindest in Europa – auf erster Ebene anhand der Umsatzsteuer-ID erfolgt, wurde den Projektbeteiligten schnell klar, dass gerade für diese Daten eine sorgfältige Pflege unverzichtbar ist.
Als weitere Empfehlung hat sich die Einbeziehung des Fachbereichs von Anfang an herauskristallisiert. Bei der zweiten Implementierungswelle wurde ein Mitarbeiter aus der Fachabteilung zu 100% für das Projekt abgestellt – und war unter anderem für die Stammdatenpflege zuständig.
Die Lieferantenaktivierung erfolgte in diesem Fall nach den ersten Erfahrungen sehr viel fokussierter. Statt alle mit demselben Anschreiben zu informieren, wurde vorab geprüft, welche Lieferanten bereits maschinenlesbare PDF-Rechnungen schicken, und diese separat kontaktiert. Alle anderen bekamen in der Folge ein Anschreiben, das verschiedene Anbindungsalternativen zur Wahl stellte, auch für den Fall, dass keine elektronischen Rechnungen geschickt werden können.
Im Pilotprojekt wurde das P2P-System in den USA und in Australien implementiert. In den USA wurden fünf ERP-Systeme angebunden, in Australien zwei. Abgesehen von den unterschiedlichen Zeitzonen der Projektbeteiligten war vor allem die zeitgleiche Anbindung verschiedener ERP-Systeme problematisch. Rollout-Wellen sollten besser nach Ländern UND ERP-Systemen gegliedert werden. Bei der Implementierung in UK wurde die Anbindung der beiden ERP-Systeme nach dieser Erfahrung entzerrt.
Bei der zweiten Rollout-Welle wurde auch der User Acceptance Test anders gestaltet. Die Kreditorenbuchhalter prüften die reale Anzahl von Rechnungen, die in einer Woche anfallen. Durch diese hohe Anzahl an Dokumenten, tauchten fast alle Sonderfälle, die auch in der Praxis auftreten, während des Tests auf und konnten bereits im Vorfeld geklärt werden. So fielen nach dem Go-Live weniger Ausnahmebehandlungen an.
Eine weitere Erfahrung, die unser Kunde machte, war, dass die Transformation der Rolle der Kreditorenbuchhalter nicht zu unterschätzen ist. Sie erfordert ein gutes Change Management und vor allem ausreichend Zeit. Die Kreditorenbuchhalter des Baumaschinenherstellers konnten den Wandel vom einfachen Dateneingeber hin zur Rolle des Problemlösers mit entsprechendem Training gut meistern und haben die Veränderung überwiegend sogar dankbar angenommen.
Mit der Erfahrung aus zahlreichen Kundenprojekten mit den unterschiedlichsten Anforderungen ist Basware bestens dafür gerüstet, Sie bei Ihrem Projekt zur Rechnungsautomatisierung zu unterstützen. Sprechen Sie mit uns darüber, was wir konkret für Sie tun können.
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