Auf der diesjährigen Basware Connect beschäftigte sich Stefan Groß, Partner bei Peters, Schönberger & Partner mbB mit der E-Rechnung aus Compliance-Sicht. Die Anforderungen an Unternehmen seien zunehmend heterogen.
Während gerade kleine Lieferanten noch Papierrechnungen oder PDFs per E-Mail schickten, träfen von anderen Rechnungen in den unterschiedlichsten elektronischen Formaten und über verschiedene Wege ein. Dabei den Überblick zu behalten und in jedem Fall den Vorgaben der Finanzverwaltung gerecht zu werden, sei eine Herausforderung. Deswegen stehe immer eine Frage am Beginn: Wie sieht ein optimaler, einheitlicher E-Rechnungsprozess aus und was muss ich bei der Gestaltung beachten, damit er den Compliance-Vorgaben entspricht?
Dazu müssten sich Unternehmen zunächst klarmachen, welche Compliance-Vorgaben es gibt. Die wichtigsten Punkte erläuterte Stefan Groß in seinem Vortrag:
Was gilt in Bezug auf E-Rechnungen aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht? Diese Frage ist recht einfach zu beantworten, denn seit dem Steuervereinfachungsgesetz von 2011 gilt für E-Rechnungen genau dasselbe wie für Papierrechnungen – und zwar völlig unabhängig vom Format. §14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verlangt die Integrität und Authentizität von Rechnungen. Der Empfänger muss also vereinfacht dargestellt gewährleisten, dass Rechnungen wirklich vom Sender stammen und der Inhalt nicht verändert wurde. Dies soll durch innerbetriebliche Kontrollverfahren gewährleistet werden. Das klingt erstmal kompliziert, ist es aber nicht. Denn Unternehmen müssen nur das machen, was sie ohnehin schon tun: eine Rechnungseingangsprüfung durchführen. Dann sind sie umsatzsteuerrechtlich auch bei E-Rechnungen grundsätzlich auf der sicheren Seite.
Die GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) sind die Vorgaben der Finanzverwaltung für alle Unternehmensprozesse, die IT-gestützt und rechnungslegungsnah sind, also auch für den E-Rechnungsprozess.
Ein wichtiger Punkt, der in den GoBD hinsichtlich der E-Rechnung geregelt ist, ist der Datenzugriff. Das wird relevant, wenn die Finanzverwaltung eine Betriebsprüfung vornimmt. Prinzipiell ist sie zum Prüfen nicht nur von Papierdokumenten, sondern auch von Daten berechtigt. Dazu muss gegebenenfalls Zugriff auf das ERP-System des Unternehmens mit entsprechenden Berechtigungen gewährt oder Datenträger zur Prüfung im eigenen System überlassen werden. Die alleinige Überlassung von Ausdrucken elektronischer Dokumente ist nicht ausreichend.
Die GoBD fordern überdies eine maschinelle Auswertbarkeit von E-Rechnungen. Dies sind im Sinne der Finanzverwaltung nicht nur mathematisch-technische Auswertungen von Daten, sondern auch Volltextsuchen und Bildschirmabfragen. Dies bedeutet, dass dem Betriebsprüfer nicht nur der Zugang zu Daten, sondern auch zu elektronischen Dokumenten, also zum Beispiel zu elektronischen Rechnungen gewährt werden muss.
Im Beitrag "GoBD-konforme elektronische Rechnungsprozesse" finden Sie die 8 Grundsätze von Steuerberater Philipp Matheis nochmal kompakt zusammengefasst.
Die drei Fragen, die sich in Bezug auf die Archivierung von E-Rechnungen stellt, sind wie, wo und wie lange.
Rechnungen sind prinzipiell im Original aufzubewahren, das heißt eine Papierrechnung in Papierform und eine elektronische Rechnung in elektronischer Form. Bereits eine PDF-Rechnung, die per E-Mail verschickt wird, ist vor dem Gesetz eine elektronische Rechnung. Im Falle einer Formatkonvertierung oder bei Hybridformaten wie ZUGFeRD müssen beide Versionen bzw. Elemente aufbewahrt werden. Eingescannte Papierrechnungen dürfen in Deutschland grundsätzlich vernichtet werden, sofern das Verfahren der Digitalisierung dokumentiert wurde und den GoBD entspricht. E-Rechnungen dürfen nicht als reiner Ausdruck archiviert werden.
Bevorzugt sollten elektronische Rechnungen in Deutschland archiviert werden, doch auch im EU-Ausland ist dies laut UStG ohne Antrag möglich. Es muss lediglich darauf geachtet werden, dass die Finanzverwaltung jederzeit online Zugriff auf die Rechnungen bzw. Rechnungsdaten bekommen kann. In Drittländern darf man nur nach vorheriger Genehmigung durch die Finanzverwaltung archivieren.
In Deutschland beträgt die Aufbewahrungsfrist für Rechnungen genauso wie in vielen anderen europäischen Ländern grundsätzlich 10 Jahre. In dieser Zeit muss auch dafür gesorgt werden, dass entsprechende Anzeigeprogramme für E-Rechnungen vorgehalten werden, damit diese über die Dauer der Aufbewahrungsfrist lesbar bleiben. Manche Länder haben aber auch deutlich kürzere Fristen, in Griechenland müssen derartige Dokumente zum Beispiel nur 5 Jahre aufbewahrt werden.
Viele Unternehmen scannen eingehende Papierrechnungen. In diesem Fall ist zu beachten, dass der Scan bildlich zu 100% mit dem Original übereinstimmt. Zweitens muss eine Verfahrensdokumentation die Digitalisierung nachvollziehbar machen. Dann kann – in Deutschland – auch das Original grundsätzlich vernichtet werden. Werden die Papierrechnungen nach dem Scannen nicht vernichtet, so reicht es nicht aus, dem Betriebsprüfer nur diese zu überlassen. Er muss auch Zugriff auf die gescannten Dokumente bekommen. Schließlich ist bei einer OCR-Bearbeitung nach dem Scannen zu beachten, dass auch die OCR-Daten aufbewahrt werden müssen.
Eine neue Herausforderung in Sachen Compliance ist das mobile Scannen mit Apps. Zur steuerlichen Anerkennung empfehlen sich dabei insbesondere klare Regeln, die eine Mehrfachverwendung verhindern, sowie regelmäßige Stichproben.
Die Dokumentations-Compliance ist ein sehr wichtiges Thema, da es oftmals stiefmütterlich behandelt wird, die Finanzverwaltung aber zunehmend die Anforderungen anhebt. Die GoBD legen dabei fest, dass der E-Rechnungsprozess zu dokumentieren ist, geben jedoch außer allgemeinen Anhaltspunkten, wie sachlogische Beschreibung, Anwender- und technische Dokumentation, keine konkreten Vorgaben, wie das zu erfolgen hat.
Was also tun? Eine Verfahrensdokumentation zu erstellen ist einfacher, als man denkt. Unternehmen sollten insbesondere beschreiben, welche Kontrollen sie im Laufe des E-Rechnungsprozesses haben, um die Einhaltung der Vorgaben der GoBD sicherzustellen. Mittlerweile gibt es dafür auch schon etablierte Mustergliederungen, die man als Vorlage verwenden kann. Schlimmer als im Prüfungsfall eine unzureichende Verfahrensdokumentation zu haben, ist es, gar keine zu haben.
Egal, welches Format ein Unternehmen für seine E-Rechnungen wählt, es muss Lesbarkeit gewährleistet ein. Bei strukturierten Datenformaten müssen daher Anzeigeprogramme vorgehalten werden. Bei Hybridformaten muss darauf geachtet werden, dass beide Elemente inhaltlich identisch sind, da sie sonst als zwei Rechnungen gelten und die Umsatzsteuer entsprechend doppelt geschuldet wird.
Wenn man mit einem E-Rechnungs-Provider zusammenarbeitet, muss klar definiert sein, welche Aufgaben dieser übernimmt und welche Vollmachten er bekommt. Ein Beispiel, wann das Thema Vollmachten relevant wird, ist die Konvertierung von E-Rechnungen in ein anderes Format. Besitzt der Provider eine Vollmacht zum Empfang von E-Rechnungen, betreten diese bei Zustellung an den Provider die Sphäre des Rechnungsempfängers. Die Konvertierung erfolgt also beim Empfänger, entsprechend muss dieser beide Rechnungsformate archivieren.
Arbeitet ein Provider gleichzeitig für den Rechnungssender als auch für den Rechnungsempfänger, muss bei der Vertragsgestaltung darauf geachtet werden, dass der Provider vom Selbstkontrahierungsverbot befreit und klar definiert wird, wo die jeweiligen Sphären aufhören bzw. beginnen.
Gegenüber der Finanzverwaltung ist in jedem Fall der Steuerpflichtige verantwortlich.
Dieser Punkt ist recht umfangreich und konnte im Rahmen des Vortrags von Stefan Groß nur angerissen werden. Wichtig zu wissen ist, dass prinzipiell auf EU-Ebene die Mehrwertsteuersystemrichtlinie das regelt, was in Deutschland das Umsatzsteuergesetz regelt. Die Umsatzsteuergesetze der einzelnen Länder sind abhängig von der Systemrichtlinie, das heißt Änderungen können nur erfolgen, wenn auf EU-Ebene geändert wurde. Nun könnte man meinen, dass dies dazu führe, dass in der EU einheitliche Vorgaben an E-Rechnungen bestehen. Da es bei der Umsetzung der EU-Vorgaben auf Länderebene immer auch einen Interpretationsspielraum gibt und die Harmonisierung der EU-Ländern noch nicht bei 100% liegt, ist das jedoch nicht der Fall. Außerdem ist zum Beispiel das Thema Archivierung nicht Teil der Mehrwertsteuersystemrichtlinie und kann daher von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt werden. Einen Überblick über die verschiedenen Compliance-Anforderungen innerhalb der EU gibt das EU-Compendium E-Invoicing & Retention von Peters, Schönberger & Partner mbB:
https://www.verband-e-rechnung.org/de/e-rechnung/wissen/dokumente/508-eu-compendium-e-invoicing-retention
Wenn Sie Interesse daran haben, dass Basware Sie bei der Optimierung Ihrer E-Rechnungsprozesse unter Berücksichtigung der Compliance-Vorgaben unterstützt, sprechen Sie uns einfach über das Kontaktformular an.
Ein Hinweis zum Abschluss:
Der Beitrag gibt die persönliche Meinung der Autoren zur derzeitigen Rechtslage wieder und enthält lediglich einen Überblick über einzelne Themenkomplexe. Spezielle Umstände einzelner Fallkonstellationen wurden nicht berücksichtigt; diese können durchaus zu abweichenden Betrachtungsweisen und/oder Ergebnissen führen. Der Beitrag kann daher keine rechtliche oder steuerliche Beratung ersetzen; bitte holen Sie eine auf Ihre Umstände zugeschnittene, weitere Entwicklungen berücksichtigende Empfehlung Ihres Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers ein, bevor Sie Entscheidungen über die in diesem Beitrag betrachteten Themen treffen. Die Finanzverwaltung und/oder Gerichte können abweichende Auffassungen zu den hier behandelten Themen haben oder entwickeln.