Unabhängig davon, ob Unternehmen bereits auf elektronische Rechnungsverarbeitung umgestellt haben oder noch papierbasiert arbeiten, gibt es zu dem Thema Aufbewahrungspflichten häufig Fragen und Unsicherheiten.
Für viele sind die rechtlichen Grundlagen nicht transparent oder verständlich genug und papierbasiert arbeitende Unternehmen haben Bedenken bezüglich der Sicherheit der elektronischen Übermittlung und damit verbunden der Anerkennung durch die Finanzverwaltung. Seit dem 1. Juli 2011 sind Papier- und elektronische Rechnungen umsatzsteuerrechtlich gleichgestellt. Auch die Anforderungen an die Aufbewahrung sind dieselben.
Die folgende Übersicht soll dazu beitragen, Ihre Fragen zu beantworten und Bedenken aus dem Weg zu räumen.
Die Aufbewahrung elektronischer Rechnungen muss den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) entsprechen. Damit löste das Bundesfinanzministerium zum 01.01.2015 die bisher geltenden Grundsätze GOB, GOBS und GDPdU ab . Die Grundsätze bilden die Basis für die derzeit gültigen Aufbewahrungspflichten, denn sie legen fest, dass während der Aufbewahrungsfrist jederzeit der Datenzugriff durch die Finanzverwaltung gewährleistet sein muss und die Aufbewahrung revisionssicher zu erfolgen hat. Doch was bedeutet das im Einzelnen und wie lange sind die Fristen?
Die Aufbewahrungsfrist für Rechnungen beträgt in Deutschland 10 Jahre. Die Fristen innerhalb Europas variieren zwischen 3 und 10 Jahren. Beispielhaft sollen hier nur zwei Länder genannt werden. In Österreich beträgt die Aufbewahrungsfrist 7 Jahre, in der Schweiz ebenfalls 10. Die EU strebt eine Vereinheitlichung der Aufbewahrungsfristen an, das wurde bereits 2010 mit der Richtline 2010/45/EU deutlich gemacht. Damals war von einer einheitlichen Aufbewahrungsfrist von 6 Jahren die Rede, die bis 2013 in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden sollte. Bisher ist dies allerdings noch nicht geschehen. Nach wie vor ist die Festlegung der Aufbewahrungsfrist Sache der Mitgliedsstaaten. To be continued…
Die Aufbewahrungspflichten besagen, dass elektronische Rechnungen in dem Format, in dem sie als Original-Rechnung empfangen wurden, aufbewahrt werden müssen. Erhalten Sie z.B. eine Rechnung als PDF-Datei, muss diese PDF-Datei aufbewahrt werden. Erhalten Sie die Rechnung als Text in einer E-Mail, müssen Sie die E-Mail mit dem Rechnungstext aufbewahren. Erhalten Sie die Rechnung als Anhang zu einer E-Mail, dann müssen Sie den Anhang aufbewahren. Die E-Mail als solche ist nur dann aufbewahrungspflichtig, wenn im Text der E-Mail selbst rechnungsrelevante Inhalte zu finden sind (analog zum Empfang einer Papierrechnung: Der Briefumschlag wird heute auch nicht archiviert). Nicht zulässig sind Papierausdrucke von originär elektronischen Rechnungen oder wenn Sie z. B. eine empfangene EDI-Datei in eine PDF-Datei umwandeln und die ursprüngliche EDI-Datei dann löschen.
Vom Gesetzgeber wurde nicht festgelegt, auf welchem Speichermedium elektronische Rechnungen archiviert werden sollen. Klar ist aber, dass der Datenträger unveränderbar sein muss. Gehen elektronische Rechnungen per E-Mail ein, reicht die Archivierung im E-Mailprogramm nicht aus, da diese in der Regel nicht revisionssicher sind. Empfehlenswert ist eine Aufbewahrung im eigenen Datencenter oder in der Cloud eines Dienstleisters. Dort landen auch alle originär elektronischen Rechnungen, also Rechnungen die im Datenverarbeitungs-System erzeugt werden oder darüber eingehen. Cloud-Lösungen sind besonders attraktiv für kleine und mittlere Unternehmen, da sie oftmals selber nicht die Kapazitäten für den Betrieb eines eigenen Datencenters haben. Die Archivierung auf Datenträgern wie DVD-ROM u.ä. ist zwar prinzipiell möglich, aufgrund anderer Aufbewahrungspflichten jedoch nicht ratsam.
Laut Aufbewahrungspflichten müssen Rechnungen während der Aufbewahrungsfrist lesbar und maschinell auswertbar bleiben. Haben Sie eine elektronische Rechnung in strukturierter Form erhalten, z.B. als EDI- oder ZUGFeRD-XML-Datei, müssen Sie sicherstellen, dass diese Formate auch in 10 Jahren noch maschinell auswertbar sind. Auch das Trägermedium für Archivierungen muss Bestand haben. Werden Rechnungen z.B. auf CD- oder DVD-ROM archiviert, sind diese zwar unveränderbar, haben aber keine ausreichend lange Lebenserwartung. Zudem müssen die Rechnungen lesbar sein. Beim ZUGFeRD-Format ist das durch das pdf-Dokument, in das die XML-Datei eingebettet ist, gegeben. Von Rechnungen im EDI-Format können ebenfalls pdfs oder Bilddateien erzeugt werden.
Generell gilt, dass Rechnungen von in Deutschland ansässigen Unternehmen auch in Deutschland aufbewahrt werden müssen. Die Archivierung elektronischer Rechnungen ist laut § 14b UStG jedoch auch im EU-Ausland ohne Antrag möglich. Es muss jedoch gewährleistet werden, dass die Finanzverwaltung jederzeit und voll umfänglich online darauf zugreifen kann. Nur nach vorherigem Antrag und Genehmigung durch die Finanzverwaltung können Rechnungen auch in Drittländern (außerhalb der EU) aufbewahrt werden.
Ich hoffe, dass Ihnen diese Übersicht einen guten Einblick in die Aufbewahrungspflichten von elektronischen Rechnungen gibt. Wenn Sie sich für einen automatisierten Rechnungsverarbeitungsprozess entschieden haben und mit einem professionellen Dienstleister zusammenarbeiten, wird das Thema Archivierung noch einfacher.
Sie sehen also: Es gibt einige wichtige Punkte beim Thema Archivierung zu beachten, aber letztlich ist es keine unüberwindbare Hürde auf dem Weg zur elektronischen Rechnung. Mehr über die Einführung der elektronischen Rechnung im Rechnungseingang sowie konkrete Einsatzbeispiele erfahren Sie in der Webinar-Aufnahme „Durchgängig elektronische Rechnungsverarbeitung bei unterschiedlichen Eingangsformaten und -kanälen“.
Ein Hinweis noch: Dieser Blog-Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt eine persönliche Sicht der wichtigsten Punkte zum Thema Aufbewahrungspflichten wider. Besondere Umstände oder spezielle Fallkonstellationen wurden hier nicht berücksichtigt. Der Artikel kann und will keine rechtliche oder steuerliche Beratung durch einen qualifizierten Steuerberater ersetzen, sondern soll Ihnen einen allgemeinen Überblick über die Thematik verschaffen.